Montag, 24. November 2008

Erste Langform im Schnee

Als ich am Sonntag morgen aus dem Fenster sah und der Garten in Weiß gehüllt vor mir lag, wusste ich sofort, dass ich mich später noch draußen bewegen würde. Ich konnte intensiv spüren, wie diese Bewegungen schon in mir waren und nur darauf warteten freigelassen zu werden.
Nun habe ich auch in anderen Jahren schon im Winter draußen im Schnee Taiji bewegt. Aber das erste mal finde ich immer am schönsten und interessantesten.
Meist nach einigen dunklen Tagen ist es plötzlich wieder richtig hell. Der Schnee liegt als leichte Decke auf allem und deckt so das Graue ab.
Die Sachen sind schwerer und oft auch enger . Man kann sich im ersten Moment nicht so gut darin bewegen. Erst durch die Gewöhnung verschafft man sich mehr Raum.
Der Schnee klebt an den Schuhen, die sowieso schon schwer sind und mit jedem Schritt und jeder Lage Schnee, die dazukommt noch massiger wirken.
Die Sonne blendet und wird im nächsten Moment von einer dicken Wolke verdeckt, immer im Wechsel.
Also, es war ein Genuss und wieder auch nicht.
Jedes mal bemerke ich die gesammelten Erfahrungen, die im vergangenen Sommer in mein Bewegen geflossen sind. In dem Moment, in dem ich nichts weiter erreichen will, als mich zu bewegen, kann ich das am stärksten spüren. Alles lenkt ab. Und in dem ich es zulasse, kann ich es ignorieren, in diesem Moment an diesem Tag ganz intensiv.

Samstag, 1. November 2008

Eine Zerlegung des Fersenstoßes

Auch der Fersenstoß setzt sich aus vielen einzelnen Aspekten zusammen.
Dabei lässt sich eine gewisse Reihenfolge in den Erkenntnissen erkennen, die so im Einzelnen folgen:
Das Bein, der Fuß, der den Fersenstoß ausführt, hebt sich durch das Senken des Gesäßes, „als wenn man sich auf einen Stuhl setzt“. Es steigt dabei „wie von selbst“.
Das kann man im Einzelnen üben, in dem man im Stand den Fuß langsam vom Boden löst. (also das Gewicht auf das Standbein verlagern, das Knie ausrichten aber nicht durchdrücken) Es besteht eine Trennung zwischen der Höhe des gehobenen Fußes und der Beugung des Standbeins (Knie).
Erst langsam, dann schneller werden.
Es gibt eine öffnende Bewegung in der Hüfte, die sich auf beide Beine gleichmäßig aufteilt. Deutlich wird das, wenn man diese getrennt betrachtet.
Also: den Fuß leicht heben und zur Seite schwenken oder den Fuß heben und die gesamte Hüfte zur Seite schwenken. Später beides kombinieren. Die Hüfte und beide Beine (Oberschenkel) verwirklichen eine kreisförmige Idee, wo die Knie am Ende schließend sind. Die Hüfte benötigt Platz in sich und dieses Öffnen ist verbunden mit einem entsprechenden Schließen im Rücken und umgekehrt.
Wenn man den Fuß vom Boden löst ohne zu öffnen, kann man durch die Hüfte eine „pendelnde“ Bewegung auf den Fuß übertragen. Das Schienbein und der Fuß hängen dabei locker herunter. Erst kurz über dem Boden später auch höher. Und dann in Kombination mit der öffnenden Idee. Erst kleine Winkel, damit die Idee der Entspannung erhalten bleibt. Dabei ergibt sich, dass der Fuß immer etwas verzögert „ausschlägt“. Später führt das dazu, dass das Gesäß beim Fersenstoß schon auf dem „Rückweg“ ist, wenn der Fuß im Treten ist. Nicht umgekehrt. Wenn die Hüfte im Kreis geführt wird, folgt der Fuß auch im Kreis. Es gibt zwei Richtungen – im Uhrzeigersinn (rechter Fuß) und öffnende Idee und gegen den Uhrzeigersinn und schließende Idee.
Der erste Fußstoß in der langen Form ist ein „Kick“, ein Stoß mit der Fußspitze gegen das Schienbein des anderen (später vielleicht auch höher, je nach Schule). Also erst ohne Öffnen Fuß langsam heben und dann gerade nach vorn stoßen, mit Hilfe der Hüfte. Man kann gegen einen Holzstab stoßen, den ein anderer hält. Besonders interessant ist der Moment der Berührung, der nicht aus der Balance bringen darf. Danach fügt man die öffnende Idee hinzu und stellt den Stab oder sich selbst entsprechend um. Der Fußstoß ist eine „peitschenartige“ Bewegung. Entscheidend ist nicht, wie „tief“ der Fuß in den anderen eindringt, sondern wieviel Energie bei der Berührung übertragen wird. Erst wenig Energie, dann steigend. Der eigene stabile Stand darf dabei nicht gestört werden. Der Fußtritt dient nicht dazu, sich beim anderen „abzustützen“, wenn durch die Fliehkraft der Stand instabil geworden ist. Die Stabilität und Ausrichtung des Standbeins muss beachtet werden. Besondere Beachtung verdient auch das Fußgewölbe, das sich erst durch längeres Bewegen „rundet“ und die nötige Kraft für den stabilen Stand liefert.
Wichtiger als die Höhe, in der der Tritt platziert wird, ist die korrekte Ausführung. Erst dann darf man Höhe dazugewinnen. Diese Höhe ergibt sich wiederum aus dem tieferen Sinken des Gesäßes.
Beim Stoß mit der Fußspitze gehen die Gedanken den Weg vom Zentrum (Dantian) über die Hüfte, das Bein, in den Fuß, zur Spitze, die den anderen berühren wird. Der Weg der Kraft stellt die Verbindung vom Fuß über das Bein, die Hüfte, das Standbein, den Standfuß in den Boden her.
Nun kann man wie beim dritten Fußstoß der Langform den Gedanken auch in die Ferse lenken. Der Fuß richtet sich entsprechend aus, so dass die Ferse den anderen berühren wird. Dabei ist besonders die Entspannung des Wadenbeines und des Fußes zu beachten. Verkürzte Muskeln verhindern, dass sich der Fuß entsprechend neigt und sind auch für den mangelhaften Höhengewinn des Trittes an sich verantwortlich. Wenn man auf dem Boden sitzt, mit geraden Beinen, kann der Rumpf nach vorn geneigt werden. Dabei bleibt der Rücken gerade und aufgerichtet „wie an einem Faden“.
Fügt man nun alle Einzelheiten zusammen, ergibt sich ein Fersenstoß, der mit der dem Prinzip entsprechenden möglichen Höhe ausgeführt werden kann. Mit wachsender Entspannung im Sinne von „Song“ gelingt es dann auch die Geschwindigkeit der Ausführung zu steigern. Und dann gelingt auch besser die Übertragung von Energie auf die Kontaktstelle zum anderen.
Letztendlich verwirklicht sich eine peitschenartige explosive Bewegung (Fajin), die eine spiralige Bewegung enthält, in der das Sinkende und Steigende ausgeglichen sind, in der das Öffnen und Schließen in eine Strukturveränderung übergegangen ist, also vom Prinzip her keine Bewegung mehr ist und das mit einem stabilen Stand.