Mittwoch, 17. Dezember 2008

Qigong – Schlauch

Wenn ich einen Schlauch habe, der überall durch den Garten führt und ich vorn bemerke, dass nicht genug Wasser rauskommt, dann frag ich mich, woran das liegen könnte.
Wenn ich dann sehe, dass überall Knoten im Schlauch sind und Verklemmungen, dann werde ich diese auflösen und nicht zusätzliche Pumpen einbauen um den Wasserdruck zu erhöhen.
Auf das Qigong übertragen:
Wenn mein Qi - fluss zu gering ist, stelle ich mir also auch nicht zusätzliche Pumpen vor, die den Druck erhöhen, sondern versuche diese Verspannungen zu lösen, die wie Knoten wirken und damit das Qi stauen. Erzwingen des Qi – flusses durch verstärkte Imagination führt nur dazu, dass irrgendwann der Schlauch platzt, also die Gesundheit leidet.

Tuishou 1

Der Gedanke, dass man als Beginnender beim Tuishou wie ein offenes Buch für die anderen ist, man selbst aber nichts lesen kann, weder über den Partner noch über sich selbst, ist mindestens beunruhigend, aber eher beängstigend.
Je mehr ich jedoch wirklich daran interessiert bin, etwas erkennen zu wollen und um so mehr es mir auch gelingt, diesen gewissen Zustand der Entspannung und Flexibilität zu erreichen, wird es interessant, erste Eindrücke zu erhalten, Strukturen zu erkennen und auch schon mal entsprechend nachzugeben oder vorzustoßen.
Ich kann nicht gewinnen!
Gerade bei scheinbar „schwächeren“ Partnern ist das Gefühl, wenn man seine Struktur verlässt um so ernüchternder. Bei einen großen kräftigen Partner scheint das dagegen verständlich zu sein.
Es erstaunt mich immer wieder, wie unterschiedlich diese Partner in ihrer Struktur sein können. Immer wieder gibt es Überaschungen, ungewohnte Bewegungen und Möglichkeiten, die Regeln und Grenzen zu gestalten.
Jedes Erkennen einer Struktur ist ein Erlebnis. Wenn der andere sagt: „Oh, das wars“ und ich selbst es auch bemerkte ( Es zu nutzen ist ein ganz anderes Kapitel), ist schon ein schöner Moment.
Manchmal kann man das gar nicht glauben, manchmal ist es aber auch nur eine Art Falle. Der andere spielt mit mir. Er lässt mir die scheinbare Kontrolle und hat mich eigendlich schon unter seiner.
Fast 3 Stunden Tuishou mit jeweils wechselnden Partnern ist Schwerstarbeit für mich!
Dass ich mich imme wieder anpassen muss an verschiedene Regeln, veränderte Strukturen. Jeder ist anders präsent. Manchmal tut mir nach kurzer Zeit der Arm schon weh. Ein anderers mal ist alles so schwach, dass es mir schwer fällt, daran zu kleben.
Daran erkenne ich dann, dass ich noch zu sehr erreichen will. Ich sitze noch nicht am Ufer um zu beobachten, ich schwimme im Strom und das Wasser ist tief. Das mus sich ändern, dann wird es leichter und ich kann meine Struktur länger aufrecht erhalten, bin schneller präsent wenn es losgeht.
Flexibilität, Entwicklung von Pengjing, Gelassenheit bei unbekannten Situationen. So kann ich Erfahrungen aus dem Tuishou in meine Form übernehmen, bekomme Hinweise, wo ich in meinem Körper demnächst zu arbeiten habe. Gerade der Schwerpunkt in den Füßen, der schnell zu Gunsten eines Vorstoßes aufgegeben wird muss auch in der Form erkannt und umgesetzt werden.
Die klare Trennung von vollem und leerem Fuß in der Form hilft mir dann dieses im Tuishou zu vergessen und einfach nur zu bewegen.

Ein Aspekt, der mir sofort als Besonderheit bei Partnern, die Taiji im Chenstil bewegen aufgefallen ist, ist dieses „Wegsinken“. Schon Beginnende scheinen dieses Lösen der Struktur, was ich von außen wie eine Art „Leerwerden“ bemerke beherrschen zu können. Da ich ohne Gedanken nicht in der Lage bin, dem zu folgen, meine Gedanken selbst aber viel zu langsam sind, wird für einen kurzen Moment meine eigene Struktur gestört und ich kann auf einen dann oft folgenden Push nicht entsprechend reagieren.
Mir ist theoretisch schon klar, wie dieses Sinken funktioniert und ich könnte in Ansätzen dieses auch bewegen, auch wenn ich das momentan nicht speziell im Interesse habe. Nur, wie im entsprechenden Moment darauf eingegangen werden muss, bleibt der Zukunft überlassen. Schon der Gedanke, dass demnächst wieder so ein Sinken erscheinen könnte, treibt meine Aufmerksamkeit auf Abwegen und führt dazu, dass ich vielleicht Anspanne und dem entgegnen möchte. Nur das hilft mir nicht weiter.
Welche Möglichkeiten habe ich nun?
Es wird mir warscheinlich nichts weiter übrig bleiben, als an meiner Balance zu arbeiten, meine Entspannung zu verbessern, so dass ich in dem Moment einfach mit sinken kann, ohne darüber nachzudenken, dranbleiben nicht abreißen, was auch immer.

Montag, 24. November 2008

Erste Langform im Schnee

Als ich am Sonntag morgen aus dem Fenster sah und der Garten in Weiß gehüllt vor mir lag, wusste ich sofort, dass ich mich später noch draußen bewegen würde. Ich konnte intensiv spüren, wie diese Bewegungen schon in mir waren und nur darauf warteten freigelassen zu werden.
Nun habe ich auch in anderen Jahren schon im Winter draußen im Schnee Taiji bewegt. Aber das erste mal finde ich immer am schönsten und interessantesten.
Meist nach einigen dunklen Tagen ist es plötzlich wieder richtig hell. Der Schnee liegt als leichte Decke auf allem und deckt so das Graue ab.
Die Sachen sind schwerer und oft auch enger . Man kann sich im ersten Moment nicht so gut darin bewegen. Erst durch die Gewöhnung verschafft man sich mehr Raum.
Der Schnee klebt an den Schuhen, die sowieso schon schwer sind und mit jedem Schritt und jeder Lage Schnee, die dazukommt noch massiger wirken.
Die Sonne blendet und wird im nächsten Moment von einer dicken Wolke verdeckt, immer im Wechsel.
Also, es war ein Genuss und wieder auch nicht.
Jedes mal bemerke ich die gesammelten Erfahrungen, die im vergangenen Sommer in mein Bewegen geflossen sind. In dem Moment, in dem ich nichts weiter erreichen will, als mich zu bewegen, kann ich das am stärksten spüren. Alles lenkt ab. Und in dem ich es zulasse, kann ich es ignorieren, in diesem Moment an diesem Tag ganz intensiv.

Samstag, 1. November 2008

Eine Zerlegung des Fersenstoßes

Auch der Fersenstoß setzt sich aus vielen einzelnen Aspekten zusammen.
Dabei lässt sich eine gewisse Reihenfolge in den Erkenntnissen erkennen, die so im Einzelnen folgen:
Das Bein, der Fuß, der den Fersenstoß ausführt, hebt sich durch das Senken des Gesäßes, „als wenn man sich auf einen Stuhl setzt“. Es steigt dabei „wie von selbst“.
Das kann man im Einzelnen üben, in dem man im Stand den Fuß langsam vom Boden löst. (also das Gewicht auf das Standbein verlagern, das Knie ausrichten aber nicht durchdrücken) Es besteht eine Trennung zwischen der Höhe des gehobenen Fußes und der Beugung des Standbeins (Knie).
Erst langsam, dann schneller werden.
Es gibt eine öffnende Bewegung in der Hüfte, die sich auf beide Beine gleichmäßig aufteilt. Deutlich wird das, wenn man diese getrennt betrachtet.
Also: den Fuß leicht heben und zur Seite schwenken oder den Fuß heben und die gesamte Hüfte zur Seite schwenken. Später beides kombinieren. Die Hüfte und beide Beine (Oberschenkel) verwirklichen eine kreisförmige Idee, wo die Knie am Ende schließend sind. Die Hüfte benötigt Platz in sich und dieses Öffnen ist verbunden mit einem entsprechenden Schließen im Rücken und umgekehrt.
Wenn man den Fuß vom Boden löst ohne zu öffnen, kann man durch die Hüfte eine „pendelnde“ Bewegung auf den Fuß übertragen. Das Schienbein und der Fuß hängen dabei locker herunter. Erst kurz über dem Boden später auch höher. Und dann in Kombination mit der öffnenden Idee. Erst kleine Winkel, damit die Idee der Entspannung erhalten bleibt. Dabei ergibt sich, dass der Fuß immer etwas verzögert „ausschlägt“. Später führt das dazu, dass das Gesäß beim Fersenstoß schon auf dem „Rückweg“ ist, wenn der Fuß im Treten ist. Nicht umgekehrt. Wenn die Hüfte im Kreis geführt wird, folgt der Fuß auch im Kreis. Es gibt zwei Richtungen – im Uhrzeigersinn (rechter Fuß) und öffnende Idee und gegen den Uhrzeigersinn und schließende Idee.
Der erste Fußstoß in der langen Form ist ein „Kick“, ein Stoß mit der Fußspitze gegen das Schienbein des anderen (später vielleicht auch höher, je nach Schule). Also erst ohne Öffnen Fuß langsam heben und dann gerade nach vorn stoßen, mit Hilfe der Hüfte. Man kann gegen einen Holzstab stoßen, den ein anderer hält. Besonders interessant ist der Moment der Berührung, der nicht aus der Balance bringen darf. Danach fügt man die öffnende Idee hinzu und stellt den Stab oder sich selbst entsprechend um. Der Fußstoß ist eine „peitschenartige“ Bewegung. Entscheidend ist nicht, wie „tief“ der Fuß in den anderen eindringt, sondern wieviel Energie bei der Berührung übertragen wird. Erst wenig Energie, dann steigend. Der eigene stabile Stand darf dabei nicht gestört werden. Der Fußtritt dient nicht dazu, sich beim anderen „abzustützen“, wenn durch die Fliehkraft der Stand instabil geworden ist. Die Stabilität und Ausrichtung des Standbeins muss beachtet werden. Besondere Beachtung verdient auch das Fußgewölbe, das sich erst durch längeres Bewegen „rundet“ und die nötige Kraft für den stabilen Stand liefert.
Wichtiger als die Höhe, in der der Tritt platziert wird, ist die korrekte Ausführung. Erst dann darf man Höhe dazugewinnen. Diese Höhe ergibt sich wiederum aus dem tieferen Sinken des Gesäßes.
Beim Stoß mit der Fußspitze gehen die Gedanken den Weg vom Zentrum (Dantian) über die Hüfte, das Bein, in den Fuß, zur Spitze, die den anderen berühren wird. Der Weg der Kraft stellt die Verbindung vom Fuß über das Bein, die Hüfte, das Standbein, den Standfuß in den Boden her.
Nun kann man wie beim dritten Fußstoß der Langform den Gedanken auch in die Ferse lenken. Der Fuß richtet sich entsprechend aus, so dass die Ferse den anderen berühren wird. Dabei ist besonders die Entspannung des Wadenbeines und des Fußes zu beachten. Verkürzte Muskeln verhindern, dass sich der Fuß entsprechend neigt und sind auch für den mangelhaften Höhengewinn des Trittes an sich verantwortlich. Wenn man auf dem Boden sitzt, mit geraden Beinen, kann der Rumpf nach vorn geneigt werden. Dabei bleibt der Rücken gerade und aufgerichtet „wie an einem Faden“.
Fügt man nun alle Einzelheiten zusammen, ergibt sich ein Fersenstoß, der mit der dem Prinzip entsprechenden möglichen Höhe ausgeführt werden kann. Mit wachsender Entspannung im Sinne von „Song“ gelingt es dann auch die Geschwindigkeit der Ausführung zu steigern. Und dann gelingt auch besser die Übertragung von Energie auf die Kontaktstelle zum anderen.
Letztendlich verwirklicht sich eine peitschenartige explosive Bewegung (Fajin), die eine spiralige Bewegung enthält, in der das Sinkende und Steigende ausgeglichen sind, in der das Öffnen und Schließen in eine Strukturveränderung übergegangen ist, also vom Prinzip her keine Bewegung mehr ist und das mit einem stabilen Stand.

Sonntag, 19. Oktober 2008

Zeit und wie sie vergeht

Der Moment, bevor ich beginne mich zu bewegen.
Der Moment, in dem ich noch einmal erkenne, erfühle, wie meine Haltung beschaffen ist, ob ich aufgerichtet bin, entspannt ...
Folge ich meiner eigenen Form, so entscheide ich, wie lange dieser Moment dauern wird. Erst wenn ich bereit bin oder später fange ich an, mich zu bewegen.
Folge ich einem anderen, so ändert sich nichts, nur muss ich darauf achten, dass ich des anderen erste Bewegung nicht versäume.
Folgen andere mir, so erkenne ich erst, wie unterschiedlich das Empfinden für die Zeit und diesen Moment beschaffen ist.
Wird jemand schon ungeduldig und erwartet, das es gleich losgeht. Oder bin ich zu schnell und es hat jemand seine innere Schau noch nicht beenden können?

Warum ich mich für Taijiquan interessiere?

„Taijiquan ist Karate nur langsamer!“
Als ich begann, waren mir die Gemeinsamkeiten unwichtig.
Nicht Kampfkunst – bewegen wollte ich mich!
Jetzt erkenne ich: Kampfkunst erklärt das Prinzip der Bewegung, dass ich in meinen Alltag übernehme. Langsam bewege ich mich, um zu erkennen, wie es richtig ist. In der Anwendung dann ist auch Taijiquan schnell wie die anderen Kampfkünste. Ob ich gehe oder stehe. Bin ich aufgerichtet? Ist mein Körper flexibel? Habe ich Kraft ohne dabei starr zu sein?
Taijiquan erklärt sich mir aus Gegensätzen:
Wenn etwas steigt, muss auch etwas sinken.
Wenn ich öffne, schließe ich gleichzeitig.
In jeder Geraden liegt eine Spirale.
Gebe ich der Kraft ( die von außen wirkt) nach, dringe ich an anderer Stelle vor. Bewege ich mich allein, stelle ich mir einen Partner vor, mit einem Partner ist es als wäre ich allein.
Von meinem Zentrum (Dantian) aus bewege ich Arme und Beine. So sind sie miteinander verbunden.
Ich sinke und lasse die Schwerkraft für mich wirken.
Qigong und Taijiquan gehören für mich zusammen. Qigong bereitet mich vor, formt meinen Körper, schärft die Sinne.
Taijiquan ist die Anwendung, die alles erklärt, warum es so ist.
Gern bewege ich mich draußen in der Natur und natürlich sollten meine Bewegungen auch sein. Ich verspüre die positiven Auswirkungen überall in meinem Körper und nehme dafür die anfänglichen „bitteren“ Momente „gern“ in Kauf, da ich erkenne, dass sie zusammengehören und meine Entwicklung vorranbringen.
Und so würde ich jeden Tag andere von meiner Kunst begeistern, damit ich mit ihnen zusammen dieses Wunderbare am Taijiquan entdecken und bewegen könnte.