Sonntag, 13. Dezember 2020

24er Taijiquan - 1 - Arme heben

Einleitung: 

Die 24er Form des Yang - Stil - Taijiquan lernte ich als erstes und bewege sie auch heute noch, sowohl allein als auch mit anderen zusammen.

Über die Zeit hin habe ich sie entwickelt, mit anderen Ideen verbunden und versucht für mich zu erforschen, wie sie von innen her funktionieren könnte.

In dieser blog - Reihe geht es mir nicht darum, eine Anleitung zu schreiben. Vielmehr werde ich meine Gedanken, Beobachtungen und alles, was mir bemerkenswert erscheint, einfach niederschreiben.

Es gibt genug Anleitungen, von denen einige als Empfehlung ganz unten aufgelistet sind.

Es ist möglich die Form einfach so zu laufen. Oft bewege ich aber auch eine Figur aus der Form nur für sich immer wieder im Kreislauf, für die "linke" Seite genauso wie für die "rechte" Seite, damit alles symmetrisch ist. Genauso gibt es für mich keine Frage, dass ich die Form in beiden Richtungen laufe, obwohl ich hier in meiner Beschreibung, mich nur mit einer Seite, die in der Literatur meist beschriebene, beschäftige.

 Kurzer Ablauf:

Grundstellung

Schritt zur Seite

Arme heben

Arme senken

 Lange Erklärung: 

Schon in der ersten Figur ist alles enthalten. Grundlegende Prinzipien wende ich an, die sich im weiteren Verlauf immer wiederholen werden.

Ich stehe, aufgerichtet, von oben hängend, mit geschlossenen Beinen, die Füße an den

Fersen zusammen und vorn eine Hand lang geöffnet.

Meine Struktur entwickelt sich in einer Welle von den Füßen her durch die Beine, den Rücken hinauf, durch den Hals bis in den Kopf und darüber hinaus. Meine Arme hängen an den Seiten herab aber nicht schlaff, sondern aktiv, mit etwas Platz unter den Achselhöhlen. Mein Steißbein setzt sich natürlich nach unten und begradigt dadurch etwas meinen unteren Rücken.

So kann ich etwas stehen und mich beobachten, ob ich entspannt bin, aufgerichtet und wirklich ein klein wenig sitzend.

 Dann geht es los. 

Ich sinke etwas in meinen linken Fuß. Das ist die Seite, zu der ich mich später bei meiner zweiten Figur hin wenden werde. Also in diesem Moment entscheide ich mich für die Richtung, in der ich die Form laufen werde. In dem ich sinke und meine Gelenke entspanne, ohne dass der Raum in ihnen verlohren geht, entsteht eine leichte Drehung des Körpers in der Hüfte nach links. Das ist eine ganz kleine Bewegung. Gleichzeitig schließt meine gesamte rechte Körperseite. Dadurch stellt sich mein rechter Fuß gerade und mein rechter Arm beschreibt einen kleinen Kreis entgegen der Uhrzeigerrichtung, wodurch meine Handfläche, die vorher zum Bein zeigte nun nach hinten ausgerichtet ist.

Ein Prinzip, das sich für mich durch die ganze Form zieht ist, dass ich einen Fuß nur bewege, wenn kein Gewicht auf ihm lastet.

Nun verlagere ich mein Gewicht auf diesen rechten Fuß, sinke in den Boden und verwurzeln mich stark.

Ich bin verwurzelt und aufgerichtet zugleich.

Mein linkes Bein wird leicht und der linke Fuß löst sich vom Boden. Wie von selbst setzt sich ein Schritt breit zur Seite mit einer Fußlänge oder Schulterbreite, wobei sich der Fuß selbst gerade nach vorn ausrichtet.

So könnte ich etwas stehen und die Ausrichtung meines Körpers beobachten.

Oder ich beobachte meinen Atem, wie er gleichmäßig ein- und ausströmt.

Dann beginne ich.

Das "Kauern vor dem Sprung" ist ein weiteres Prinzip, dass sich durch die gesamte Form zieht. Eine scheinbar "gegenläufige" Bewegung, ein Schließen vor dem Öffnen, ein Sinken vor dem Steigen, das Sammeln vor dem Ausstoßen.

Ich löse also meine Muskulatur, ohne schlaff zu werden, sinke leicht und atme dabei aus. Ganz besonders an den Handgelenken ist dieses Sinken zu sehen.


Dann lasse ich los und eine Welle steigt durch meinen Körper und lässt meine Arme heben. Da gibt es mehrere Vorstellungsbilder. Ich könnte mir einen Ball unter meinen Armen vorstellen der steigt oder sie sind an Bändern befestigt, die nach oben gezogen werden. Die Muskeln in den Schultern und Armen sind entspannt und obwohl sie arbeiten ist es eher ein Bewegen lassen. Meine Schultern selber bleiben gesunken, was zu Beginn der größten Aufmerksamkeit bedarf.

Meine Arme steigen bis Schulterhöhe und meine Hände sind leicht gerundet und folgen obwohl sie auch Struktur haben und meine Gedanke durch sie in die Ferne reichen.

Das ist auch ein Prinzip, dass ich immer weiter in den Raum hineindenke als meine Arme und Beine reichen.

Ich stelle mir vor, dass ich mit meinem Oberkörper vorn nach unten hänge und meine Arme genauso einfach runter hängen. Und dieses Gefühl in den Armen, kann ich mir genauso vorstellen, wenn ich meine Arme nach vorn anhebend, "hängen" lasse.

Dabei habe ich eingeatmet. Mein Atem fließt leicht und gleichmäßig. Und die Abfolge der Bewegungen richtet sich nach diesem. Und damit kann die Bewegung nur so langsam sein, wie ich den Umfang meiner Atmung entwickelt habe. Das gilt, wenn ich mich allein bewege. In der Gruppe passe ich mich der Bewegung der anderen an und entwickle auch so entsprechend meinen Atem.



Und dann entsteht die nächste Kette aus den Füßen durch meinen Körper und zieht meine Arme langsam wieder zurück in sich und nach unten. Da ist ein gleichzeitiges Sitzen im unteren Rücken und in den Ellenbogen. Bei den Anwendungen dann werde ich sehen, dass das eben nicht eine Bewegung des Armes selbst ist sondern ein Sinken durch den Körper. Denn wenn sich nur die Arme bewegen würden, müsste mein Körper ja fest sein, damit der Arm sich an dieser Befestigung bewegen könnte. Sinkend und Ausatmend, gelangen so meine Arme wieder neben dem Körper, so wie sie gestartet sind.

Weitere Übungen: 

In Abwandlungen, wenn ich diese Figur einzeln bewege, kann ich variieren.

Ich hebe meine Arme und wenn sie waagerecht nach vorn reichen, lasse ich die Hände weitersteigen und von der Vorstellung her, meine Ellenbogen nach vorn fallen. Meine Hände steigen so bis sie ihr Maximum erreichen und sinken dann wieder nach unten. Immer versuche ich eine „runde“ Bewegung zu erreichen.

Ich kann auch in kleinen Kreisbögen meine Arme über Außen, also öffnend nach oben steigen lassen und über Innen, also Schließend nach unten sinken.

Auch umgekehrt ist es möglich über Innen, schließend meine Arme steigen zu lassen und über Außen, öffnend sinken sie wieder nach unten.

Diese öffnenden und schließenden Bewegungen kann ich mir auch innerlich vorstellen, wenn ich meine Arme einfach nur gerade nach vorn, oben steigen lasse.

Immer ist meine Atmung mit meiner Armbewegung verbunden. 

Anwendungen:



In den Partnerübungen stelle ich mir vor, dass der Partner seine Arme auf meine legt, wenn ich sie steigen lasse. Und unter meine Arme wenn ich sie sinken lasse. Nur leicht und so, dass ich diese mühelos bewegen kann.


 

Die Vorstellung wäre, dass der andere die Absicht hat, mit seinen  beiden Händen gleichzeitig an meinen Hals zu greifen. In diesem Fall würde ich ihm einen Schritt entgegengehen und meine Arme heben. Wenn unsere Arme dann Kontakt haben, entscheidet sich, wie es weitergeht. Ich lasse nicht Armkraft gegen Armkraft wirken. Geht der andere vor, werde ich mich zurück schieben lassen. Aber meine Arme kommen zwischen seine hindurch. Und dadurch würden seine Hände an meinem Hals vorbeigreifen. Da der andere das merkt, wird er sich wahrscheinlich zurückziehen, so dass ich in dem Fall mitgehen kann und meine Arme, die jetzt auf seinen liegen, einfach wieder sinken lasse.

Es könnte auch sein, dass der ander so stark vorgerückt ist, dass meine Hände dann auf seinem Oberkörper zu liegen kommen, bevor er anfängt sich zurückzu ziehen und ich so meine Hände und Arme sinken lassen, was nach außen hin oft falsch gesehen wird, als wenn ich den anderen von mir stoßen würde. Wenn ich es gut kann, sinke ich nur und der andere fällt von selbst aus seiner Struktur und nach hinten. Würde ich tatsächlich stoßen würde ich unter Umständen selbst aus meiner Blance geworfen werden, falls der ander plötzlich nachgibt und leer wird. 

Zusammenfassung:

 Steigen und Sinken, sowohl äußerlich aus auch im Inneren ist der Hauptaspekt. Wenn ich meine Arme hebe und senke, ist Außen und Innen mit meiner Atmung verbunden..

Für mich ist diese erste Figur schon sehr wichtig und ich bewege sie so oft es sich anbietet, und auch beim Qigong.

Die gesamte Form laufen ist wichtig. Aber sich mit den Details zu befassen macht erst die Meisterschaft aus. Gerade in diesen fast monotonen, langweiligen, Wiederholungen liegt das Potential, diese Details zu entwickeln und tiefer, innerer zu beobachten und verändert.


Erweiterung als Nachtrag: 17.12.2021

Arme heben als peng, lu, ji, an

Ich stehe schulterbreit.

Arme heben, einatmen, ein Gefühl, als wenn der Raum unter den Armen anschwellen würde, "peng"

Sind die Arme waagerecht, folgt "lu", zurückrollen, in die Kua sinken und da ich parallel in beide sinke, ziehen sich dadurch beide Arme gleichzeitig zurück, meine Ellenbogen bleiben gehoben und "fallen" nach vorn.

Jetzt "ji", also ausdehnen meiner Handflächen nach vorn, elastisch und gerichtet zum anderen hin und im Körper verbunden, beginnend auszuatmen. Nicht zu weit nach vorn stoßen, gerichtetes "peng"

Dann "an" also sinken nach unten der Handballen, verbunden mit den Kua nach innen.

Ein Partner kann helfen beim Heben, in dem seine Hände oben, auf den Handrücken liegen und beim Sinken unter den Handflächen liegen. Nur leichten Widerstand leisten, damit der Übende mühelos bewegen kann.



Quellen:

Als Buch:

 „Taijiquan“ chinesisches Schattenboxen, Kurze Peking – Form von Foen Tjoeng Lie

Mit vielen Bildern und Poster für den gesamten Ablauf ist das meine persönliche Wahl.

 Online:

 Anleitung gezeichnet:

https://www.taiji-qigong-akademie.de/download/Pekingform.pdf

 Text und animiert Guna Grisel

https://www.yumpu.com/de/document/read/34404108/2-taijiquan-form-mit-24-sequenzen-instructor-zone

http://www.instructor-zone.de/taiji24erform.html#19

Video:

https://www.youtube.com/watch?v=eNnA4E6NLDU

von hinten:

https://www.youtube.com/watch?v=3whnk7x7rls

https://www.youtube.com/watch?v=e4VIw41R-PU

Und es gibt noch viele weitere da draußen.

Sonntag, 29. November 2020

Ein unbekannter Puerh

Ich habe da einen Puerh in Form eines "Tou Cha" liegen, der mir sehr rätselhaft erscheint, weil ich keine Informationen über ihn herausbekomme. Ohne Verpackung ist das auch nicht gerade leicht.

Aber ich kann ihn verkosten und so etwas über den Geschmack erfahren. Und andererseits ist es auch schön, etwas ohne vorgefasste Meinung zu probieren.


Mein erster Eindruck ist, dass er sehr fest gepresst ist und schon im Stück etwas "Lagerungsnoten" verströmt. Dieser Puerh scheint also schon etwas älter zu sein und ich denke, dass es sich dabei um einen Shou Puer handelt. Ich versuche etwas von der Unterseite zu lösen und benutze dazu mein gerade neu erworbenes Puerhmesser.

Dadurch erhalte ich einige Blätter und auch Bruch, denn ich versuche etwas auszusortieren.

Der Tee duftet sehr leicht, etwas erdig, etwas holzig und "alt", im Sinne von gelagert.

Ich benutze mein Set mit glasiertem Tongaiwan 100ml, dazu 3g Tee und kochend heißem Wasser.

Der Duft im erwärmten Gaiwan schon deutlicher, ähnlich wie vorher mit etwas brotigem dazu und Waldboden drängt sich mir auf.

Ich wasche zwei mal kurz und sehe dann weiter.


Der erste Aufguss, kurz gezogen, noch leicht und zurückhaltend, der Geschmack ähnlich dem Duft der feuchten Blätter. Schmeckt definitiv so, wie ich mir gelagerten Puerh im Shou Bereich vorstelle. Holz, Waldboden, Erdig, etwas "Antik", etwas mit chinesischer Medizin.

Der zweite Aufguss dann kräftiger, mit noch deutlicheren Aromen wie der erste. Der ist jetzt dichter und dicker im Gefühl und da ist auch etwas Schärfe auf der Zunge.

Über die weiteren Aufgüsse hinweg gleichbleibend stark und geschmacklich schon interessant, wenn auch die "antike" Note nicht jedem gefallen wird.

Der Pu ist also ergiebig und auch danach lang anhaltend im Geschmack am Gaumen.

Nach dem ca. 10 Aufguss tritt etwas verstärkt Süße auf, die mir angenehm am Gaumen schmeichelt.

Die feuchten Blätter typisch gereifter Puerh, dunkel und kleinteilig aber nicht mürbe und durchaus elastisch, sprechen eigentlich eher für einen gelagerten sheng Puerh.

Ich hatte schon solche Tees zur Probe. Darunter auch bedeutendere Shengs, gelagert, die durchaus ähnlich wenn auch meist noch deutlicher waren. Deshalb fällt mir ein Urteil etwas schwer. Aber ich habe den ganzen Pu ca. 150g da und kann weitere Teenachmittage mit dem Verkosten dieses für mich besonderen Stücks verbringen.

Das Neifei konnte ich dann mit Hilfe meiner Puer Nadel freilegen und dachte mir, dass ich so vieleiche noch einige Informationen erhalten würde. In meinem Puerh Buch "  ...  " ist es jedenfalls nicht mit aufgeführt. Und eine erste Anfrage im Teeforum erbrachte auch keine weiteren Hinweise.

Zusammenfassend schon interessant diesen unbekannten Puerh zu trinken.

 

Sonntag, 8. November 2020

Den Ball halten und ein scheinbarere Wiederspruch im Taijiquan

Es gibt eine Übung, die ich immer wieder, oft im Rahmen eines Übungssets, bewege, die für mich eine ganz bestimmte Idee besonders gut verdeutlicht. Diese Idee findet sich dann überall wieder, wenn ich genau hinschaue. 

... Ich öffne meine Arme zu den Seiten und nach einem kleinen Sinke, besonders in meinen Ellenbogen,  steigen meine Arme, meine Hände nach oben, um dann vor meinem Körper, die Handflächen sich nach schräg, oben, etwas zu mir wendend zu verharren...

Diese Haltung, mit den nach oben gewendeten Handflächen, als Standhaltung, kurze Zeit oder aber auch etwas länger stehend, sieht einfach aus, von außen betrachtet. 

Aber was passiert eigentlich innerlich bei mir? 

Bewege ich einen Muskel, so benötigt er eine Basis, an der er befestigt ist und zu der er sich hin- zusammen - ziehen kann. Hebe ich meinen Arm, so ziehe ich im Körper, der die Basis ist Muskeln an, die den Arm heben. Der Körper selbst wäre also fest.

Oder aber ich betrachte eine ganze Kette von Muskeln, beginnend bei den Füßen und lasse diese als Vorstellungsbild eine Entspannungswelle durch den Körper bis in meinen zu bewegenden Arm steigen. Dadurch bleibt mein Körper flexibel und entspannt, abgesehen von der minimalen Muskelbewegung, um diesen Arm zu heben.

Nur wenn ich jetzt nicht genau zum Boden hin ausgerichtet bin, könnte mich dieser Armhebel aus meine Balance bringen, was dazu führt, dass ich unwillkürlich Muskeln gerade in den Beinen anspannen werde, um dem entgegen zu wirken und dadurch fest und noch weniger ausbalanciert und verbunden zum Boden werde. 

Zusammenfassend ergeben sich zwei Punkte: "Entspannungswelle" und "Ausrichtung zum Boden". Und da ist nichts Außergewöhnliches dabei.


Die Stellung in der Übung nennt sich im chinesischen: " ... halte den Mond...".

Na gut, der Mond ist relativ groß und weit weg. Und so beginne ich vielleicht eher mit einem Ball.

Halte ich einen Ball so vor meinem Körper, könnte ich alle Muskeln anspannen und  stehen wie ein Gerüst. So kann ich etwas stehen, je nach Gewicht des Balls aber nicht ewig. Meine Muskeln ermüden und fangen an zu zittern. Entspanne ich mich einfach, kann ich den Ball auch nicht viel länger hoch halten. Die Muskelkette wirkt schon erleichternd, aber den zweiten Punkt sollte ich nicht vergessen.

Halte ich den Ball gerade über meinem Kopf, geht es besser. Das Gewicht geht direkt durch meinen Körper ohne Hebelwirkung an den Armen. Das bemerke ich sofort, wenn ich meine Arme mit dem Ball wieder senke. Davon ausgehend, benutze ich ein Vorstellungsbild, um auch wenn ich meine Arme senke immer noch gedanklich unter dem Ball stehen zu bleiben. 

"Entspannungswelle" und "Ausrichtung zum Boden" 

Mein Körper ist so flexibel und meine Muskeln können sich auf der Grundlage dieses Bildes, bei einiger Zeit des Übens, von selbst so ausrichten, dass die Muskeln optimal entspannt sind und ich doch nicht aus meiner optimalen Standhaltung, gesunken in den Boden, gezogen werde. Das ist eine Entwicklung über längere Zeit und mit stetiger Steigerung in der Gewichtung, klein anfangen und immer weiter steigern. 

Ich hebe den Ball an, in dem ich mir schon gleich beim Heben vorstelle, wie ich unter dem Ball stehe und ihn wie ein Springbrunnen, der Wasser aus einer Düse nach oben drückt, hebe und gleichzeitig sein Gewicht die ganze Muskelkette durch meine Arme, meinen Rücken, die Wirbelsäule hinunter, durch meine Beine, durch die Füße, die Fußsohle in den Boden wirkt. Wenn ich mir Wurzeln in den Boden vorstelle, so wachsen diese zwar nicht. Aber diese Vorstellung, länger praktiziert, ermöglicht meinen Muskeln von sich aus diese optimale und entspannte Haltung einzunehmen. 

Da kommt jemand vorbei und denkt: Na ja, so ein leichter Ball... ich möchte mehr. Aber ich denke zurück, ja fang erst einmal an, mit diesem Ball und stehe so etwas länger mit entspannten Muskeln. Mehr geht später immer noch. Ich benutze nicht die großen und dicken Aktionsmuskeln sondern die verborgenen Haltemuskeln, die mich mit ihrer Flexibilität schnell und stabile ausrichten, auch wenn vielleicht jemand an mir zieht oder schiebt. Jede Kraft von außen bewirkt meinerseits nur ein weiteres Sinken nach unten, durch meine Füße in den Boden, bringt mich nicht aus meine Balance.

 Und so einfach diese Übung ist, einfach nur stehen und den Ball halten, oder sich vorstellen den Ball zu halten, oder sich vorstellen den Mond zu halten, immer genau unter dem Objekt ausgerichtet, auch wenn dieses in Augenhöhe oder Schulterhöhe oder Brusthöhe oder noch niedriger gehalten wird. Erst dann, wenn ich es mir vorstellen kann und meine Muskeln wie von selbst anfangen sich entsprechend auszurichten, wenn ich sitze und meine Muskeln sich anfangen entsprechend auszurichten, kann ich auch anfangen danach zu suchen, wo dieses Vorstellungsbild angewendet werden kann. 

 Ich laufe die 24er Form und beobachte, wo Stellen sind, an denen ich scheinbar etwas anhebe, ob nun mit beiden Händen oder mit einer. Gleich am Beginn hebe ich meine Arme, zwar mit den Handflächen nach unten aber dem gleichen Vorstellungsbild. Gleich in der nächsten Figur, hebe ich meinen Arm aus der Ballhaltung diagonal vor meinem Körper an. Oft schiebe ich als Abwehr meinen Arm- und Handrücken noch vorn. Aber ich kann auch meine Handfläche nach oben halten, mit dem Ball darin, ob echt oder nur vorgestellt, anhebend. 

"Entspannungswelle" und "Ausrichtung zum Boden" 

Und schon sieht diese Figur der Form vielleicht wieder etwas anders aus wie sonst, ist mein Arm nicht so weit nach außen und weniger geöffnet, stehe ich mehr durch meinen vorderen Fuß, nicht bis über die Zehen hinweg gelehnt, ist meine Schulter, mein Ellenbogen mehr gesunken, mein Becken sitzt und mein unterer Rücken ist begradigt und entspannt. Auch mein Kopf ist mehr wie von oben hängend, denn auch mein Kopf ist wie eine Art Ball, eine Kugel, die ich von unten her durch meine Wirbelsäule nach oben halte, in dem ich direkt darunter bin und dadurch Hebel zu den Seiten vermeide. 


 Und nun komme ich zum scheinbaren Wiederspruch.

 Im Taijiquan gibt es den Spruch von den vier Unzen, die tausend Pfund bewegen. Aber das ist etwas widersprüchlich in sich, denn ich soll wegen Yin und Yang nicht eine Kraft mit einer Gegenkraft beantworten.

Nun halte ich den Ball, der durch die Erdanziehung nach unten wirkt, mit meiner Hand gegen. Aber das lässt sich auch nicht anders verwirklichen. Wenn ich den Ball anheben möchte, benötige ich die etwas größere Kraft um zu heben.

Der Spruch dagegen bezieht sich auf Partnerübungen oder die Anwendung im Kampf.

Wenn ich da der Kraft mit gleicher Kraft entgegenwirke, entsteht ein sogenannter "doppelter Fehler" und kein Ausgleich. Wenn also der/die andere zum Beispiel von oben auf meinen Arm drückt oder einfach nur mit seinem/ihrem Gewicht auflehnt und ich dann dagegen wirke, ihn/sie also quasi festhalte, so hat der/die andere die Kontrolle und macht mit mir, was er/sie will. Sollte ich dann auf die Idee kommen, den/die anderen mit Kraft von unten heraus wegzudrücken, so ist das nicht im Sinne der Prinzipien und der/die andere muss sich nur mehr auflehnen um es mir schwer zu machen.

Nein, im Gegenteil. Sobald ich die Kraft des/der anderen spüre, lasse ich sie ins Leere laufen, leite sie ab. Dann wird der/die andere auch schon aufhören sich auf mich zu lehnen. Das ist ein ganz schwer zu beherrschender Prozess, sich eben dann nicht zwischen Erde und dem/der anderem/n einklemmen zu lassen, damit diese/r dann seine/ihre volle, harte Kraft auf mich wirken lassen kann. Wenn der/die andere merken würde, dass da nichts festes Solides da ist, wird er/sie automatisch nachlassen um nicht selbst zu fallen. Und das ist dann der Moment, dieser also, wo der/die andere nachlässt, wo man vielleicht etwas hinzuaddieren kann an Kraft und ihn/sie in seiner/ihrer Stabilität erschüttertet, ihn/sie  also quasi "entwurzelt".  Ich lasse also Kraft erst wirken, wenn der/die andere seine/ihre Ausrichtung schon verloren hat und seine/ihre Kraft also in die andre Richtung, von mir weg wirkt.

Als Übung beginnt so etwas mit ganz kleinen Kräften und im Vertrauen mit dem Partner/der Partnerin und steigert sich dann, bis man auch mit stärkeren Kräften umgehe kann. 

Wenn sich also zwei Partner/innen gegenüber stehen, und beide leicht gegeneinander drücken, mit vier Unzen..., dann entsteht mit dem Üben ein Gefühl, als wenn ich unter dem/der anderen stehe. jeder der beiden Partner versucht dieses Gefühl dieses darunter Stehens zu erreichen. Und der/die, der/die seine Muskelketten schneller und gleichmäßiger entspannen gelernt hat, wird dieses Gefühl auch wirklich verspüren und den/die anderen dann ganz leicht von unten heraus von den Füßen hebeln können, als wenn der/die aus einem Stück wäre, weil dann der Hebel eben durch dessen/deren gesamten Körper wirkt.

Komme ich zum Ball zurück. Den Ball entspannt halten, als wenn ich darunter stehe, bewirkt etwas die Entwicklung dieser Haltemuskeln, wenn ich nicht in den Punkt investiere dass ich es mit roher Kraft tun möchte. Und dann entsteht dieses Vorstellungsbild. Und jeden Gegenstand, denn  ich hebe oder hoch halte, vermittelt mir dieses Bild, dass ich erst einmal darunter stehe und dann ganz leicht, mühelos, wie einen Partner/in bei den Übungen, diesen Gegenstand bewege, mit nur der minimal nötigsten Muskelanspannung und gerade durch meinen gesamten Körper verlaufender Kraftlinie, um die Hebel die da wirken zu minimieren. 

Das ist schon so viele Male beschrieben worden. Aber ich schreibe es hier noch einmal, damit ich es für mich selbst, in meine eigenen Worte fassend, noch einmal durchdacht habe. Und da kann sich auch jeder die eigenen Vorstellungsbilder entwickeln, die dann genau das ausdrücken, was die Bewegung mühelos macht und die Ausrichtung optimiert.

Zusammenfassend gesagt: steter Tropfen höhlt den Stein. Und "Entspannungswelle" und "Ausrichtung zum Boden" sind Beobachtungen und Vorstellungsbilder, die so lange geübt werden sollten, bis der Körper selbst ohne mein willentliches Eingreifen, in jedem Moment entsprechend reagiert. Sonst müsste ich ja wirklich jeden Muskel einzeln betrachten und beeinflussen.

 

 

Sonntag, 1. November 2020

Baduanjin - 8 Brokate


Sammlung meiner Beiträge zu den 8 Brokaten, so wie ich sie übe, damit sie so konzentriert zur Verfügung stehen:

Vorbereitung    linkv

1. Brokate        link1

2. Brokate        link2

3. Brokate        link3

4. Brokate        link4

5. Brokate        link5

6. Brokate        link6

7. Brokate        link7

8. Brokate        link8

Abschluss        linka

Sollte es Fragen dazu geben, bin ich gern bereit, etwas dazu zu schreiben.

Mittwoch, 21. Oktober 2020

Teemischungen 2


 

Gerade letztens wieder war dieses Thema im Teetalk Forum angesprochen worden und ich schrieb auch kurz meine Meinung dazu:

 (link hier:)

Und dann fing ich an, einen Beitrag für den blog dazu zu schreiben, bis mir auffiel, dass ich schon einmal etwas dazu veröffentlicht hatte:

link zu blog Teemischungen

 Inzwischen habe ich aber einige Erkenntnisse dazugewonnen, die ich nun in einer Fortsetzung aufschreiben möchte.

 


 Über längere Zeit jeden Tag den gleichen Tee zu trinken, der im Detail dann doch nicht so gleich ist, weil bei der kleinen Menge, die ich nehme, immer Abweichungen mit dabei sind, ließ mich aber auch erkennen, wo Stärken und Schwächen der Mischung liegen.

Der kohlige Anteil sollte nicht zu hoch liegen. Dazu habe ich den Anteil an Oolong, der in Richtung Hongcha geht etwas erhöht.

Insgesamt werde ich den Tee nicht "heller" hinbekommen, als die dunklen Bestandteile es zulassen. Ich habe aber diese Aromen sehr gern und die "wärmende" Wirkung ist für mich auch eher wichtig, so dass ich alle Mischungen in diesem Spektrum angehen werde.

Wie gesagt, durch die geringe Dosiermenge, entstehen leichte Abweichungen, die eben die Grenze der Homogenität verdeutlichen.


 

Und so gieße ich jeden Tag mindestens 4 Aufgüsse aus dieser Mischung, was auch meinem optimalem Rhythmus entspricht.

Wenn ich nun zu Hause Tees entdecke, die den Kriterien entsprechen, also an sich sehr gut sind, aber mir nicht so gut gefallen, dass ich sie regelmäßig trinken möchte, weil sie eben eine spezielle Eigenschaft haben oder aber eben am anderen Ende hin zu "einseitig" angelegt sind, lege ich sie schon etwas extra um bei Bedarf dann eine Mischung daraus anzulegen. Aber bei etwa 100 g als Ergebnis, die auch erst einmal verbraucht werden müssen, kann ich das lang angehen.

Nur von dem Oolong in Richtung Hongcha kaufe ich etwas dazu, weil mir dieser Anteil eben wichtig ist.


 

Kleine Teemengen verschwinden geschmacklich in der Mischung. Sollte der Einzelgeschmack zu stark hervorstechend sein, so muss das sogar so sein. Wenn die Mischung auch etwas liegt, so geben die Tees auch untereinander etwas ab, auch wenn sie nicht "aromatisiert" wurden. Also ich verwende keine aromatisierten Tees, weil sie oft etwas verdecken, was in der Grundlage des Tees selbst nicht korrekt ist. Aus einem "schlechten" Tee kann man nichts mehr verbessern.

 

Bei meiner Dosiermenge gibt es eine minimale Menge von einer Teekugel, die enthalten ist. Somit lässt sich der prozentuale Anteil nicht unter diese Marke drücken.

 

Das ist alles sehr Theoretisch.

In meiner Praxis denke ich wenig darüber nach und mische oft einfach noch entsprechend etwas nach, wenn ich auffällige Spitzen bemerke.

Ja, irgendwie empfehle ich Systematik und Dokumentation, beim Mischen, nur um dann selbst immer weniger so zu verfahren, alles mehr in Gedanken auszuführen.


In den feuchten, abgegossenen Blättern dann sehe ich die verschiedenen Farbanteile deutlich und auch, wie sie sich täglich etwas wandeln.

Da ich in Zukunft schon beim Kauf bestimmte Teesorten nicht mehr in größeren Mengen nehmen werde, wird sich mein Interesse zum Mischen auch verschieben. Das erkenne ich jetzt noch nicht, ist aber vorstellbar.

Ein anderer Gedanke ist, wie ich mit nicht gerollten Tees verfahren werde. Ich habe da nicht so viel zu liegen. Aber gerade im Puerh Bereich habe ich schon Versuche unternommen und vor dem Gießen aus zwei verschiedenen Sorten gemischt. Da finde ich es aber nicht nötig größere Mengen auf Vorrat herzustellen, weil ich die nicht für die Arbeit verwenden würde.

Ein "Gegensaztpaar" aus einem älteren gelagerten Puerh, der solche bekannten "Lagernoten" hat, aber zum Teil nicht mehr so viel Stärke zeigt, gemischt mit einem jüngeren Puerh, der  vielleicht etwas zu viel von diesem jungen, bitteren Bestandteilen hat, könnte ich mir als Mischung gut vorstellen, wenn beide aber eine gute Basis an Qualität besitzen.

 

Und insgesamt habe ich noch zu viel Tees zum "Verbrauchen" als dass ich darüber ernsthaft nachdenken müsste.


 

Zusammenfassend denke ich, dass ich schon einen Weg gefunden habe, wie ich mit diesen Tees umgehen kann. Letztendlich zählt in dem Fall auch, was der gemischte Geschmack mir erzählt. Da alle Tees gute Qualität besitzen, besteht auch dahingehend kein Problem.

Da ich nichts wegwerfen kann, was nicht wirklich "schlecht" im Sinne der Herstellung ist, fühle ich mich mit meiner derzeitigen Methode gut angekommen.

 

Freitag, 16. Oktober 2020

Zheng Shan Xiao Zhong – schwarzer Felsentee und ein Teekrug


Gelegentlich gibt es Momente, in denen man erkennt, wozu es „nütz“ einen blog zu schreiben.

Die Konzentration von Geschichten, die für sich betrachtet, in einzelne Fragmente zerfallen, im Gesamten aber hinführend sind. Oder aber jemandem zu empfehlen, diesen blog zu lesen,  um sich die umfangreiche Einführung in die Teewelt "zu ersparen".


Letztens war so ein Moment und es reihte sich die ganze Welt des Tees vom ersten Moment bis zu diesem Tisch hin auf.

Und nebenbei gesagt, war ich dort um mir einen Teekrug ganz besonderer Art abzuholen.

Das sind die Geschichten, die ich meine.

Vor einiger Zeit hatte ich mich für einen Teekrug aus Glas interessiert, den es offensichtlich aber nicht so einfach zu kaufen gab.

„Der Teekrug - Gong Dao Bai dient dazu, den Tee aus der Kanne oder dem Gaiwan umzugießen, damit der ganze Gießverlauf in einem Gefäß gemischt wird,  um ihn dann gleichmäßig, homogen auf die einzelnen Teeschalen zu verteilen. Gleichzeitig wird dadurch der Aufguss auch etwas abgekühlt, falls der Tee sehr heiß gegossen wird, damit der Tee beim Trinken dann angenehm temperiert ist und so seine Aromen besser hervorbringt.“

Außerdem kann ich so sehr schön die Farbe des Aufgusses beobachten.

Schließlich führte mich meine Suche zu Nan Yi nach Berlin und ich bekam dort einen Teekrug angeboten, der meine Phantasie, was meine Wünsche betraf, sogar noch überflügelte. Schon das Suchen ohne zu intensiv zu suche, das Warten auf etwas Passendes, das erste Bild und das Warten danach, bis ich ihn endlich persönlich abholen konnte, der erste Blick im Teeladen…


Nun erst, wo er in meinem Regal einen festen Platzt bekommen hat, kann ich diese Suche als beendet erklären.

( Ich wünschte mir schon etwas Durchsichtiges, wollte aber nicht diese glatten einfachen Krüge nehmen, die oft etwas langweilig wirken. Hier dagegen bricht sich das Licht in jeder Falte und die Farbe des Tees zieht meine Blicke an, wirkt oft fast etwas geheimnisvoll. )


Dazu ein Tee, passend ausgesucht, in einer Farbe, die diese Faltung unterstreicht.

Zheng Shan Xiao Zhong – schwarzer Felsentee. Das sind ganz feine, dünne Nadeln die schon aus der Tüte interessant nach Hongcha und Früchte duften, die ganz frische Ernte aus dem Frühling 2020.


Ich probierte ihn im Laden und nun auch hier bei mir am heimischen Teetisch.

3g des Tees in meinem glasierten Tongaiwan, 100 ml, wie empfohlen, schon der Duft der erwärmten Blätter ist stark und typisch Hongcha mit hellen Früchten - Äpfel, ganz sauber.


Der erste Aufguss dann, das Wasser bei 90 Grad C. gleich intensive, deutlich präsent, Hongcha, weich, fruchtig und etwas Lakritz? , auf jeden Fall mineralisch.


Der zweite Aufguss mit 45 s. , der erste war 30s. , im Gaiwan, noch kräftiger, schöne rote Farbe, die wirklich klar im neuen Krug anzusehen ist und fruchtig, cremig im Hals.


Die nächsten Aufgüsse dann, 60 s., 90 s., gleichbleibend stark und mit beginnend wärmender Wirkung für mich, an diesem doch etwas frischem Tag, mit leichtem Nieselregen, weshalb ich es vorzog, drinnen, am Tisch meinen Tee zu gießen.

Wirklich schöne Aromen, verbunden mit einem schönen Anblick im Glas.


Die feuchten Blätter, nicht viel größer als die trockenen zu Beginn, schmal geformte Nadeln, Spitzen, kaum als Blätter zu erkennen.


Zusammenfassend wieder eine Geschichte, die ich mir hätte so nicht ausdenken können und ein Tee, den ich noch später am Tag als Geschmack in meinem Mund verspürte.