Dienstag, 26. Mai 2020

Alter Paochong und neuer Gaiwan



Manchmal kommen zwei Dinge einfach passend zusammen.
Bei mir war es so, dass ich gerade einen Tee bekam, der mir sehr interessant erschien. Und kurz darauf konnte ich einen Gaiwan erwerben, der mir ganz gut dazu zu passen schien.

Ich genieße gern Oolongs und ab und zu auch Puerh. Gern habe ich auch gelagerte Tees in meiner Schale. Und wenn sich das kombiniert, wie in diesem Fall hier, bin ich auf jeden Fall interessiert.


Puerh, gelagert, kennt man ja. Aber Oolong gelagert, gibt es nicht so oft. Aber ich hatte schon verschiedentlich das Vergnügen. Wobei ich sagen muss, dass sich dieses auch erst mit der Zeit entwickelte. Vor einiger Zeit hatte ich schon ähnliche Tees und war mir der Güte dann doch nicht so bewusst, einfach, weil ich sie nicht verstanden habe.
Ein gelagerter Tee schmeckt manchmal auch einfach nur "Alt". Aber hinter diesem "Alt" steckt oft auch mehr, wenn er gut verarbeitet und gelagert wurde. Nun hatte ich schon schlechte Exemplare und war etwas im Zweifel. Aber ich hatte auch schon sehr gute, empfohlene und konnte vergleichen.
Als ich diesen Tee das erste mal trank, war ich in Gesellschaft und vielleicht auch etwas abgelenkt. Aber ich erkannte eigentlich gleich, dass der was hat.
Paochong, gelagert, ich weiß nicht sehr viel über ihn, aber nun, werde ich ihn in Ruhe probieren.




Letztens sah ich einen Gaiwan stehen, der, aus Ton geformt, farblich nicht sehr auffällig war. Aber ich dachte schon öfters mal über einen unglasierten Tongaiwan für bestimmte Tees nach und ob dieser den Geschmack des Tees auf angenehme Art beeinflussen würde.
Nun stand dieser also da und gefiel mir von seiner Form her sehr gut. Er lag auch gut in der Hand und ließ sich entsprechend ausgießen. Also hab ich ihn nun bei mir und werde darin den Paochong gießen.


Wenn ich die Packung öffne, bemerke ich gleich diesen typischen gelagerten Duft. Die Blätter sind dunkel und unauffällig, auch Stiele sind zu sehen. Aber es ist nicht so unangenehm, wie man denken könnte. Und wenn ich ihn dann im vorgewärmten Gaiwan rieche, wirkt er wirklich noch einmal ganz anders und wieder anders in seinen späteren Aufgüssen.
Ich weiß grad nicht, wie alt der ist, aber er wirkt bedeutend älter als 10 Jahre.
Deshalb habe ich ihn auch zwei mal gewaschen, bevor ich den ersten Aufguss, da ich viel Tee nahm, mit kurzer Ziehzeit, probierte.


Der Aufguss hat dunkle Farbe und etwas den Geschmack von lange gelagertem Puerh, die sheng Variante, aber auch wieder noch anders. Ich winde mich etwas, weil ich mich selten so genau festlegen möchte. Ich bemerke etwas kräutriges, medizinisches, Ginseng wird mir gesagt, etwas, ganz wenig dunkel, fruchtiges und da ist etwas kartoffeliges, mit Sand dran,  insgesamt steckt schon was drin. Also da ist diese Lagerung aber auch irgendwie Klarheit, rund und weich, etwas Leder wie alte Schuhe...
Bei späteren Aufgüssen dann, verschiebt sich das Aroma etwas, ich erkenne getreidiges, wie Malzkaffee.
Die Farbe des Aufgusses ist wirklich schön und kräftig. Der Tee ist anregend aber nicht zu aufregend. Ich spüre seine Wärme nicht nur wegen des heißen Aufgusses sondern auch von innen her.
Später dann kommt der Moment, wo der Tee "erdet" und das ist durchaus wörtlich zu nehmen. Ich werde ruhig und sitze gesunken, unglaublich, wie sich das anfühlt.


Für den Gaiwan war das ein schöner Einstand. Der war ja schon etwas "vorbereitet" so dass ich ihn sofort benutzen konnte.
Mir gefällt diese Farbe und die etwas raue Oberfläche mit den kleinen kugelförmigen Unebenheiten. Und er hat auch einen schönen Aufbau, eine klare Form und eine leichte Art des Anhebens. Am Klang kann ich bemerken, dass er schön heiß gebrannt wurde und durch die Passform des Deckels kann ich gut und schnell abgießen ohne dass kleine Teile mit hinausgespült werden. Das liebe ich ganz allgemein an Gaiwans, dass ich durch die Größe des Spaltes am Deckel selbst reguliere, wie ich abgieße.


Und so gieße ich immer wieder auf und ab und beobachte die sich langsam verändernde Aromen, den Schritt, an dem er etwas leichter wird, immer noch dunkle Farbe im Aufguss. Bitterkeit ist diesem Tee ja fremd aber direkte Süße, wie bei Puerhs werde ich am Schluss auch nicht entdecken. Er wird einfach leichter und das Wasser selbst dringt geschmacklich mehr durch.


Zusammenfassend möchte ich sagen, dass dies mal wieder ein glückliches Zusammentreffen war und ich schon darüber nachdenke, wie ich Porzellan- und Tongaiwan parallel den gleichen passenden Tee gießen lassen kann, um so vielleicht etwas Unterschiedliches zu bemerken. Ich bin mir da nicht so sicher, gerade bei den angestrebten Teesorten, die ich dafür nehmen würde.

Und dann: da war doch noch was? Die Erinnerung kommt zögerlich, an einen
Tee aus vergangenen Tagen, den ich einmal probieren durfte, sicher verwart in meiner "Oolongdose" ein kleiner Rest, "Nankang, Laocha, Oolong 1969" Ich hatte dazu sogar einen Beitrag im Teeforum, hier, geschrieben.
Es ist wirklich beachtlich, wie aus einem leicht oxidiertem Paochong ein solcher gelagerter Tee entstehen kann.
Ja, es ist der gleiche, welch erstaunliche Zufälle es gibt.


Donnerstag, 21. Mai 2020

8 Brokate – Übung 7 – mit Fäusten Kraft vermehren


„Mit ausgestreckten Fäusten die Kraft vermehren“



Bemerkungen:

In diesem blog geht es mir nicht darum, eine Anleitung zu schreiben. Vielmehr werde ich meine Gedanken, Beobachtungen und alles, was mir bemerkenswert erscheint, einfach niederschreiben. Ich verweise auf das Buch und nun auch auf das Video dazu.
Jede Übung werde ich 2 mal zu beiden Seiten ausführen. Viele Bewegungen kommen immer wieder vor und sollen deshalb nur beim ersten Mal sehr ausführlich durchdacht werden.

Orientierung:

Alle Brokate sind symmetrisch. Und doch gibt es zum Teil seitliche Unterschiede. Und dabei war ich mir am Beginn manchmal unsicher, mit welcher Seite ich beginnen sollte. Eine Orientierung dabei war, mich nach dem ersten Sinken nach rechts zu orientieren.

Für die sechste Brokatübung noch einmal nach links ausrichten, in dem ich die rechte Faust schwer und etwas sinken lasse und die Linke leicht und deshalb steigt nach links.


Kurzer Ablauf:

- stehen, Fersen zusammen, Fäuste vor dem Körper
- Fäuste auf Brusthöhe heben
- nach links in einen breiten Stand gehen
- ganzen Körper senken Arme senken
- Fäuste umwickeln
- Fäuste öffnen, zur linken Seite hin aufspannen
- Ruhehaltung
- Haltung auflösen und nach links mit einem Schritt schließen
- Arme zu den Seiten öffnen, dann zusammenführen und den Körper nach vorn ausrichten
- stehen, Fersen zusammen, Fäuste vor dem Körper

Übung nach rechts ausführen …



Ich stehe wieder in dieser Grundstellung mit meinen Fäusten vor meinem Körperzentrum, Faustaugen nach oben. Diese Fäuste, gebildet aus den sich um eine leere Mitte schließenden Fingern, flexibel, entspannt und doch geschlossen und zum Fauststoß bereit. "Den Daumen auf dem Mittel- oder Endglied des Zeigefingers auflegen", lese ich. Oft lege ich die Daumen aber auch seitlich auf Zeige- und Mittelfinger ab.
Ich beobachte den Kreis meiner Arme, die Verbindung zwischen meinen Fäusten, ihr Gewicht, das meine Schultern sinken lässt, die Ellenbogen leicht nach außen fallend, verhindern, dass meine Fäuste zu tief hängen.



Von den Füßen beginnend, löse ich und senke meinen Körper und damit meine Arme und Fäuste leicht ab, als Vorbereitung, um dann meine Arme und meine Fäuste langsam steigen zu lassen.
Auf Brusthöhe angekommen, stelle ich mir vor, wie ich meine Arme ablege und spüre etwas den gleichmäßigen Verbindungen zwischen meinen Gelenken nach, Hände - Füße, Ellenbogen - Knie, Schultern - Hüfte.




Ich verlagere mein Gewicht nach rechts, lasse es in meinen Fuß und darunter in den Boden sinken, generiere so einen stabilen Stand, der gleichzeitig meinen Körper, der vom Kopf her herunterhängt, auszurichten. Mein linkes Bein wird leicht und ich hebe es an, als wenn ich an einer Schnur mein linkes Knie nach oben ziehen lassen würde. Mein linker Fuß ist locker und die Sohle steigt mit Blick zum rechten Bein nach oben. Das bewege ich mühelos und nur so weit, wie ich ohne Anspannung stehen kann. Es hat einige Zeit gedauert, bis ich so "mühelos" meinen Fuß bis Kniehöhe heben konnte und dabei stabil stehe.
So könnte ich jetzt etwas verharren, kürzer oder länger, verbunden mit meiner Atmung eine Entspannungswelle aus meinem rechten Fuß durch meinen Körper schickend, meine innere Struktur entwickelnd.

Dann sinke ich etwas und mein linkes Bein öffnet sich, damit mein linker Fuß zu einem breiten Schritt, kurz über dem Boden "schleifend" sich zur Seite stellen kann. Mein Sinken bestimmt dabei die Breite meines Schrittes.



Nun stehe ich mit breitem Schritt aber vom Gefühl her noch hoch. Meine Beine bilden fast ein Dreieck, eher ein 5 Eck, weil meine Knie sich über den Füßen befinden.
Jetzt entsteht in mir das gleiche Vorstellungsbild, wie in der 5. Brokatübung. Aus den Füßen, durch meine Beine, in mein Becken baut sich Stein für Stein ein Brückenbogen auf. Ich sitze wieder auf ihm an den Schlussstein denkend und lasse mich langsam etwas nach unten sitzend, sinken. So erreiche ich, dass ich nicht zu tief stehe, obwohl ich vom Vorbild oft dazu herausgefordert werde.
Schrittbreite und Tiefe meines Stehens hängen zusammen und sollten so mit meiner Elastizität und dem Standvermögen meiner Beine abgestimmt sein.





Mit dem Sinken meines Körpers beginnen auch meine Fäuste zu sinken. Es ist wie so oft eine Bewegung, zusammenhängend aus mehreren Bewegungen, die scheinbar gleichzeitig ablaufen.
Meine linke Faust ist etwas schwerer und sinkt deshalb etwas schneller. Beide Fäuste beginnen sich etwas umeinander herum zu bewegen.Ich stell mir vor, wie sie gummiartig verbunden sind. Die linke Faust geht etwas nach innen und steigt dann nach oben. Ich spüre eine "umwickelnde" Kraft



Jetzt entwickle ich meine Struktur und damit die Standhaltung, die ich als Ruhehaltung auch über längere Zeit stehen kann.
Es ist durchaus etwas ähnlich, wie in der 2. Brokatübung, als ich den Bogen spannte. Meine rechte Faust zieht sich vor meine rechten Brust heran und meine linke schiebt sich nach links, vorn, oben und ist über meinem linken Fuß ausgerichtet. Mein Blick ist über die linke Faust hinaus in die Ferne gerichtet.
Ich spüre eine elastische Verbindung zwischen meinen Fäusten, deren Zug und gleichzeitig deren Ausrichtung nach schräg links. Würde jemand von vorn gegen meine Fäuste drücken, könnte ich elastisch und sitzen, diesen Druck in meine Füße und den Boden ableiten, also stabil stehen bleiben.

















Ich kenne eine andere Möglichkeit, die Figur der Ruhehaltung zu entwickeln und wieder aufzulösen.
Aus der Haltung mit breiten Stand und den Fäusten noch oben vor dem Körper, lasse ich diese in Kreisbögen nach unten und zu den Seiten, dann wieder steigend sich bewegen, bis sie sich links über dem Bein befinden, die linke weiter außen als die rechte Faust. dann sinke ich und ziehe wie in der 2. Brokatübung den Bogen auf.
Das erinnert mich etwas an die Bewegung "Fäuste zu den Ohren" aus der 24er Taijiquanform.



Nach dem ich einen Moment in dieser Haltung gestanden habe, löse ich sie auf, ohne aber schlaff dabei zu werden.
Ich verlagere mein Gewicht auf meinen linken Fuß, und drehe dann meinen rechten Fuß leicht nach innen. Die Verbindung zwischen meinen Fäusten lässt diese zusammenkommen und die Verwindungen in meinen Beinen lässt mich meinen rechten Fuß zu meinem linken heransetzen.



In meiner „alternativen“ Variante sinke ich zuerst in meinen rechten Fuß, setze mich also auf mein rechtes Bein und lasse so eine Verdichtung entstehen, lasse meine linke Faust sich in einen kleinen Bogen zu meiner rechten hin bewegen und verlagere dann mein Gewicht aus meiner Komprimierung des rechten Beines heraus, ohne mich direkt vom Boden abdrücken zu wollen auf meinen linken Fuß.
















Nach der schließenden Bewegung folgt eine Ausrichtung meines Körpers nach vorn und meine Arme öffnen sich zu den Seiten, wie ich es schon in anderen Brokaten bewegt habe. Dann lasse ich sie wie auch meinen Körper nach unten sinken und vor meinem Körper wieder diesen Kreis mit den Händen als Fäuste bilden.



Ich könnte nun denken, dass es eigentlich keine Unterschiede in der Haltung zwischen der 2. und 7. Brokatübung gibt, mal abgesehen von der linken Hand als Pfeilhand oder Faust. Ja, sie ähneln sich aber es ist so, dass in der 7. die linke Faust doch mehr innerhalb der Beinlinie steht, also die 2. B. weiter offen ist, in der 2. die "Bogenkraft, in der 7. ehre die "Faustkraft", die meiner Meinung nach doch etwas mehr nach vorn gerichtet ist, geübt wird. In der 7. B. ist deutlich eine spiralige, "wringende" Kraft zu entdecken, in der 2. eher eine öffnende. Erst wenn ich sie über längere Zeit übe, erkenne ich deutlich, wie unterschiedlich sich diese beiden Übungen anfühlen und bewegt werden.

Nun die Bewegung spiegelsymmetrisch mit Schritt nach rechts ausführen.



Das Besondere der 2. und 7. Brokatübungen ist mein Schritt zur linken Seite, wodurch ich meinen Standort verändere und dieser erst wieder in der zweiten Übung mit dem Schritt nach rechts auf die eigentliche Mitte zurückgelangt. Für mich fühlt es sich nun so an, dass ich den größten Teil der 8 Brokate schon "erledigt" habe. Aber die 8. und der Abschluss sind wichtig und nicht zu unterschätzen.




(*) Jiao Guorui "Die 8 Brokatübungen", Medizinisch Literarische Verlagsgesellschaft Uelzen, 1996
jetzt: Verlag: Mediengruppe Oberfranken; Auflage: 8

DVD - Die 8 Brokate - Video mit Jiao Guorui Deutsch DVD


Video bei YouTube: von anderen Übenden:

Frau Sylvie Roucoulès - zimisart


Herr Sandro Di Terlizzi




Übersicht der Beiträge:


  1. Brokatübung: https://krabbenhueter.blogspot.com/2020/03/8-brokate-ubung1-halte-das-universum.html
  2. Brokatübung: https://krabbenhueter.blogspot.com/2020/04/8-brokate-ubung-2-den-bogen-spannen.html






Sonntag, 10. Mai 2020

8 Brokate – Übung 6 – nach unten beugen



„Mit beiden Händen die Füße fassen, um das Nieren – Qi zu stärken“



Bemerkungen:

In diesem blog geht es mir nicht darum, eine Anleitung zu schreiben. Vielmehr werde ich meine Gedanken, Beobachtungen und alles, was mir bemerkenswert erscheint, einfach niederschreiben. Ich verweise auf das Buch und  auf das Video dazu.
Jede Übung werde ich 2 mal zu beiden Seiten ausführen. Viele Bewegungen kommen immer wieder vor und sollen deshalb nur beim ersten Mal sehr ausführlich durchdacht werden.


Die sechste Brokatübung ist für mich sehr interessant, was den Rücken betrifft. Und beide Varianten haben ihre Reize dahingehend.

Orientierung:

Alle Brokate sind symmetrisch. Und doch gibt es zum Teil seitliche Unterschiede. Und dabei war ich mir am Beginn manchmal unsicher, mit welcher Seite ich beginnen sollte. Eine Orientierung dabei war, mich nach dem ersten Sinken nach rechts zu orientieren.

Für die sechste Brokatübung besteht durchgängig Symmetrie. Nur der Schritt erfolgt wie gewohnt erst nach links und dann nach rechts.


Kurzer Ablauf:

- stehen, Fersen zusammen, Hände vor dem Körper
- Hände auf Brusthöhe heben
- nach links in einen schulterbreiten Stand gehen
- ganzen Körper, senken Arme senken
- Finger nach hinten werfen
- Arme bis über den Kopf heben Finger nach hinten fallen lassen
- Ruhehaltung
- Beugen des Körpers im Hüftgelenk nach unten
- aufrichten
- Arme zu den Seiten öffnen, dann zusammenführen und den linken Fuß zurückstellen
- stehen, Fersen zusammen, Hände vor dem Körper

Übung nach rechts ausführen …



Wieder beginne ich in der Ausgangsstellung, mit den Armen vor dem Körper. Nun schon meinen Körper von innen her beobachtend, stelle ich fest, wann ich nach der letzten, der fünften Brokate, die so sehr anspruchsvoll, weil im Bogen weit stehend war, ich nun den Moment des Bewegens zu erkennen beginne. Meine Arme steigen bis Brusthöhe und die Handflächen wenden sich dann nach unten. Mein Körper steigt und doch ist da auch ein Sinken dabei. Diese Brokate ist sehr vertikal und jede ihrer steigenden Bewegungen enthält auch sinkende Anteile, jede sinkende Bewegung enthält auch steigende…



Meine Arme liegen wieder auf Brusthöhe, wenn ich den Schritt schulterbreit nach links öffne.


Nun geht es los. Eine Entspannungswelle geht durch meinen Körper und lässt meine Arme von den Schultern über die Ellenbogen zu den Handgelenken hin sinken. Auf Bogenlinien bewegen sich meine Hände nach unten und dann zu den Seiten. Diese Bewegung ähnelt der aus der 4 Brokate nur mit nach vorn gerichtetem Blick. Etwas „wie Bälle unter Wasser drücken“ ist wieder dabei. Ich beobachte meine nach unten gerichteten Handballen. Dadurch, dass meine Finger nach vorn ausgerichtet bleiben, spüre ich einen starken Zug durch meine Hände und in den Unterarmen.Trotzdem versuche ich meine Muskeln in dem Bereich entspannt zu halten und nur den Zug wirken zu lassen. Ich könnte gleich die nächste Bewegung ausführen oder noch einige Atemzüge darin mein leichtes Steigen und Sinken beobachten.




















Dann spüre ich diesem Zug nach und wenn ich jetzt loslasse, werden meine Hände wie von selbst nach hinten „geworfen“. Die Entspannung geht meist von den Füßen aus und wirkt durch meinen Körper auf die gezogenen Muskeln im Hand- und Unterarmbereich. Ich versuche den Bereich meines Handgelenkes zu drehen und meinen Fingern eine Richtung nach hinten zu geben. Zu Beginn  hatte ich eher eine „meine Handinnenflächen müssen nach oben zeigen“ Bewegung versucht. Auch jetzt spüre ich den Zug und versuche die Muskeln in den Händen selbst entspannt zu halten.




















Nach einem leichten Sinken meines Körpers erfolgt nun das „starke“ Steigen meiner Arme bis über meinem Kopf. Aus einem nach unten Hängen wird langsam ein nach vorn Hängen, vom Vorstellungsbild her, bis meine Arme anfangen nach oben zu hängen. Meine Hände sind dabei entspannt und immer noch Richtung Boden ausgerichtet. Sind meine Arme schließlich oben angekommen, zeigen meine Finger nach vorn.


Und diese Bewegung setze ich gleich noch etwas fort, weil ich nun einen Zug durch meine Arme nach unten spüre, dem ich in sofern nachgebe, dass ich wie über eine Rolle in meinem Handgelenk, meine Handfläche weich nach oben und damit meine Finger in Richtung nach hinten gleiten lasse.
„ Die Hände stützen den Himmel“ kann ich im Buch dazu lesen. Ja, weil ich gesunken war und dadurch mein Körper etwas in sich komprimiert, wird er nun etwas steigen, sich ausdehnen und dabei den Eindruck erzeugen, dass ich nach oben schiebe, was aber ohne aktive Muskelbewegung geschieht. So gesehen, befinde ich mich nun in einer Ruhehaltung, die natürlich nicht nur ruhig ist, weil meine Atmung und meine vertikale Ausrichtung ein weiteres leichtes Sinken und Steigen entwickelt. Und obwohl meine Arme nun so weit nach oben hängen, sind meine Schultern gleichzeitig natürlich und entspannt nach unten ausgerichtet, gesunken und auch etwas nach außen geöffnet. Dadurch fühlen sich meine Arme etwas wie in die Länge gezogen an und dadurch auch habe ich die Möglichkeit anderen Muskeln im Schulterblattbereich einen Längenimpuls zu geben.





Sinken, komprimieren, loslassen, ausdehnen, und dann bekommen meine Hüftgelenke einen Impuls, dass sie in sich schließen. Während mein Kopf noch nach oben fällt, während mein Blick geradeaus nach vorn gerichtet ist, da ist Platz zwischen den einzelnen Wirbel und ich fühle mich weit in meinem Körper, bevor ich mich langsam anfange nach vorne zu beugen. Nur das Hüftgelenk beugt sich, während mein Rücken gerade bleibt. Meine Arme sind locker und fallen vor meinem Körper her nach vorn und unten. Von der Vorstellung her, fängt nun mein Kopf an nach vorn zu fallen, während mein Rücken waagerecht und gerade lang wird.


So weit, wie ich mein Hüftgelenk beugen kann ohne dass mein Rücken anfängt sich zu krümmen, was ich von innen betrachtet meine, weil ich selbst es im Bild von der Seite entdecken konnte, dass der Rücken sich beugt, wenn ich noch denke er wäre gerade. Das Bild heißt“ die Füße fassen“, weil das die Vorstellung ist. Sollte ich nur mit Gewalt dahin kommen, ist der gesundheitliche Faktor verfehlt. „Beide Hände vor den Füßen auf die Erde legen“, ha, „Knie sind dabei durchgestreckt“, ja ja, dem halte ich meine Mühelosigkeit entgegen, mit entspannten Muskeln. Meine Hände sind mit den Handflächen nach unten gerichtet. Mit jeder Runde, in der ich diese Übung ausführe komme ich dieser Erde näher, oder wenn ich mal nicht so elastisch bin, auch mal nicht. Aber Übertreibung und Beugung mit gespannten Muskeln bringt mich nicht weiter, langfristig betrachtet. Mein Blick ist ein klein wenig nach vorn gerichtet, wodurch mein Kopf etwas im Nacken genommen wird. Auch hier kann ich kurz verweilen. Jedoch besteht die Gefahr, dass ich zu sehr gefühlt in den Kopf denke und dadurch unnötig Druck in demselben aufbaue. Ich denke immer noch verbunden in meine Füße verwurzelt und mein Kopf ist leicht und entspannt auch wenn er gerade nach vorne unten hängt und sollte keinerlei Druckspannungen spüren.





















Dann löse ich auf und mein Oberkörper steigt leicht, wie von selbst wieder nach oben, nimmt meine Arme und Hände bis zur Schulterhöhe mit, richtet sich auf, bis mein Kopf wieder entspannt nach oben hängen kann, wobei ich versuche meinen Rücken auch weiterhin gerade zu halten, ohne die Muskeln im Rücken selbst mit zu großer Spannung zu versteifen. Immer versuche ich elastisch zu bleiben und mich am Sinken zu orientieren, was leichter ist als etwas nach oben stemmen zu müssen.





















Eine andere Möglichkeit wäre, nach einem kurzen entspannten Sinken nach unten, sich vorzustellen, wie der Rücken Wirbel für Wirbel wieder nach oben aufgerollt wird. Von der Vorstellung her, so mühelos, als wenn ich auf dem Boden liegen würde und nachdem ich meinen Oberkörper aufgerichtet hätte, mich Wirbel für Wirbel wieder hinlegen würde.
Der Unterschied zwischen beiden Möglichkeiten ist in der Belastung des Rückens begründet, denn Wirbel für Wirbel sorgt dafür, dass die Hebelwirkung nicht zu stark auf den Ansatz wirkt, was ganz besonders für jemanden mit schon bestehenden Rückenproblemen entlastend wirkt. Wenn ich erst mühelos und leicht steigen kann und meine Spannungen im Rücken minimiert sind, ist das allerdings für die andere Möglichkeit auch kein Problem mehr.






















Nachdem ich nun also wieder aufgerichtet bin und meine Arme bis Brusthöhe mitgezogen habe, öffnen sich diese zu den Seiten und ich schließe diese Übung genauso ab wie die 4. Brokatübung, Meine Arme sinken an den Seiten nach unten und ich stelle meinen linken Fuß zum rechten zurück.



Für mich entwickelt sich Taijiquan und Qigong aus Bildern, die ich mir vorstelle.
Diese Bilder helfen mir oft, aus einer Figur, die ich muskulär, kraftvoll entwickle hinzu zu einer Figur, die ich mühelos mit elastischer Struktur stehe oder bewege, zu gelangen.
Bei dieser 6. Brokatübung fällt mir das Bild von diesen Figuren ein, die ich manchmal am Straßenrand gesehen habe. Ein Schlauch aus Stoff, durch den Luft mit Hilfe eines Ventilators geblasen wird, oben offen. Startet der Ventilator, entfaltet sich der Stoff, füllt sich der Schlauch und die Figur richtet sich auf.
Bin ich in der 6. Brokatübung nach vorn und unten geneigt und stelle mir vor, dass Luft durch meinen Körper strömt, aber eben nicht wie ein Luftballon prall aufgeblasen, denn meine Finger sind offen und die Luft strömt durch und ich richte mich langsam wieder auf.
So sind die Bilder, die ich mir vorstelle.




(*) Jiao Guorui "Die 8 Brokatübungen", Medizinisch Literarische Verlagsgesellschaft Uelzen, 1996
jetzt: Verlag: Mediengruppe Oberfranken; Auflage: 8

DVD - Die 8 Brokate - Video mit Jiao Guorui Deutsch DVD


Video bei YouTube: von anderen Übenden:

Frau Sylvie Roucoulès - zimisart


Herr Sandro Di Terlizzi




Übersicht der Beiträge:


  1. Brokatübung: https://krabbenhueter.blogspot.com/2020/03/8-brokate-ubung1-halte-das-universum.html
  2. Brokatübung: https://krabbenhueter.blogspot.com/2020/04/8-brokate-ubung-2-den-bogen-spannen.html