Donnerstag, 11. Juli 2019

Extreme




An meinem Teetisch habe ich schon verschiedene Methoden versucht, Tee aufzugießen.
Es ist nicht an mir zu bewerten, welche besser oder schlechter ist, mal davon abgesehen, dass es natürlich Möglichkeiten gibt, den Tee so zu malträtieren, dass er sich verweigert.
An einem Ende sehe ich die Möglichkeit, mit hoher Konzentration und kurzen Ziehzeiten, den Tee über ein breites Spektrum zu ziehen und in diesem Verlauf der Aufgüsse unterschiedlich lösbare Aromen aufzuspalten, so dass diese dann separat erfahren werden können.
Auf der anderen Seite steht dann der „Singelaufguss“, in dem alle Aromen zusammenfallen, verbunden mit einer niedrigen Konzentration und längerer Ziehzeit.


Ich habe mir gedacht, beide Extreme zu verbinden und einmal gleichzeitig zu beobachten.
Da habe ich also links die Tonkanne ( 45ml) mit 2,5 g eines Puerh aus Lincang von 2015, den ich gerade frisch eingekauft hatte.
Und da ist rechts der Gaiwan aus Porzellan, der mit 150 ml und gleicher Teemenge am anderen Ende steht.
Dazu kommt noch der Einfluss von offenporigem Ton und glasiertem Porzellan. Aber das blende ich aus, weil ich unvoreingenommen die Tees beobachten möchte.
Trinken werde ich dann aus zwei gleichen Porzelanschalen. Auch wenn ich natürlich weiß welcher Tee in welcher Schale ist, sollte wenigstens der Eindruck von Gleichheit vorhanden sein.


Der Puerh selbst, locker gepresst und angenehm zurückhaltend duftend, ist ein Gushu, der jetzt an der Entscheidung steht, ob er gelagert werden könnte oder als frischer Pu einfach ausgetrunken werden sollte. Bei meiner kleinen Menge lohnt es sicher nicht darüber nachzudenken. Aber ich wüsste ja, wo noch mehr von diesem Tee eingekauft werden könnten.


Für den blog ist dies der Moment, auch wenn ich den Tee mit beiden Möglichkeiten getrennt auch schon vorher gegossen habe, Tee genießen oder für den Bericht probieren sind immer zwei getrennte Bereiche, die dann letztendlich in diesen Text zusammenfließen.
Ich nehme heißes, kurz gekühltes Wasser, spüle beide Gefäße damit aus und lasse den trockenen Tee dann vorbereitend in den Gefäßen kurz ruhen. Der Duft dann zeigt schon etwas vom Charakter des Tees.
Der Gaiwan hat da einen geringen Vorteil durch seine große Öffnung und verströmt zarten Duft, lässt mich mehr Aromen entdecken.



Der erste Aufguss oft noch etwas undifferenziert in der Tonkanne, wegen der geringen Menge aber zu vernachlässigen, ist dagegen im Gaiwan schon die Summe dessen, was den Pu ausmacht. Nicht mehr ganz frisch, grün, mit einigen gerundeten Kanten, finde ich ihn angenehm und mit seinen kräutrigen Aromen wenig bitter.
Die nächsten Aufgüsse aus der Tonkanne, um „aufzuholen“ werden dagegen trotz sofortigem „Auf- und wieder Abgießen“, stark und auch „dick“. Und da ist auch eine leichte Astringenz an der Zungenseite und dem Gaumen.
Mir persönlich würden 2g vielleicht auch reichen, bei dieser Kannengröße. Aber der Versuch geht eben „extrem“ und deshalb „Kannenfüllung“.
Weitere Aufgüsse im Gaiwan zeigen den Tee von seiner bequemen Art, gleichbleibend und gut zu trinken, ohne besonders aufzufallen.
In der Tonkanne zieht sich der Verlauf etwas hin. Starke Aufgüsse, verzeihen das geringste Zögern nicht und ich habe viel zu tun, um in den Bereich zu kommen, wo der Tee etwas nachlässt und sich zurücknimmt. Dann wird er etwas süßer und bescheidener.


Jede Methode hat ihre Zeit und würde sie öfters ausgeführt, stellt sich, dank kleiner Anpassungen, ein Optimum ein.
Auch andere Tees habe ich auf diese Art, allerdings an verschiedenen Tagen, so probiert und mir für beide Varianten bestimmte, tagestypische Varianten erarbeitet.
Der Gaiwan ist gut für einen Tag geeignet, an dem ich einfach nur sein möchte, ohne dabei aber zu viel „arbeiten“ zu müssen. Dann ist der Tee selbst auch im Hintergrund aber nicht egal und ich beobachte mich oder meine Umgebung.
Die konzentrierte Methode mit der Tonkanne, ist mehr für den Tee selbst geeignet. Bekomme ich einen Tee zum Probieren, werde ich ihn meist auch konzentriert aufgießen, um zu sehen, wie er sich so zeigt.
Gute Tees verzeihen viel und zeigen in beiden Varianten ihre Besonderheiten, sind aber nicht ungeeignet für die eine oder andere Methode.

Ein schöner Versuch und mir bestätigend, was ich schon lange ahnte. Es gibt nicht „die“ Methode. Jede hat ihre Berechtigung zu ihrer geeigneten Zeit, verwendet zu werden.

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