Mittwoch, 2. Oktober 2019

Gushu - Shu Puerh 1



Vor einiger Zeit fing ich an, mich etwas mit dem Thema Gushu zu beschäftigen. Dazu hatte ich schon Beiträge zu Sheng Puerh hierhier + hier und Hongcha hier verfasst.
Nur für Shu Puerh fiel es mir schwer, weil dieser durch seine spezielle Verarbeitung solch starkes Grundaroma besitzt, dass ich wenig Anhaltspunkte für eine Unterscheidung zwischen Gushu und Plantagentee erkennen konnte.

Was nun Gushu direkt bedeutet, ist nicht leicht zu erklären, da es ganz unterschiedliche Definitionen dafür gibt. Im Grunde genommen handelt es sich dabei aber um "alte" Bäume, deren Blätter eine etwas andere Qualität gegenüber jungen Plantagenpflanzen besitzen.
Die Frage ist nun, ob und wie ich diese Qualität erkennen kann.

Für Sheng Puerh würde ich schon sagen, dass das möglich ist, wenn man diesen oft genug getrunken hat und sich auf bestimmte Grundannahmen einstellen konnte.
Bei Shu Puer bin ich mir da nicht ganz so sicher, weil durch seine spezielle Fermentation ein stark dunkles Blatt entsteht.
Ich habe also beide Arten probiert und war mir da nicht so ganz sicher.


Nun, jetzt gibt es einen weiteren Versuch, wozu ich mir Proben von zwei verschiedenen Gushu Shu Puer besorgt habe.
Der Plan ist, sie mit zwei anderen, Plantagentees, ähnlicher Qualität zu vergleichen. Dazu wollte ich sie vorher extra nicht probiert haben, um nicht etwas wieder zuerkennen und so meine Wahrnehmung und Bewertung zu beeinflussen.

Ich lasse also antreten:

1.         Lao Ban Zhang          2013    Gushu Shu Puerh
2.         Bu Lang Shan            2013    Gushu Shu Puerh
            beide von Nan Yi aus Berlin zur Verfügung gestellt
3.         Gong Ting                  2011    Shu Puerh
            von Nannuoshan gekauft
4.         Menghai 7262            2006
            von Chenshi - Chinatee gekauft

Wie gesagt, die Gushus waren neu und noch nicht probiert, die Plantagentees schon vor längerer Zeit gekauft und lange nicht mehr getrunken worden.
Als Versuchsaufbau entschied ich mich für kleine Gaiwane, 45 ml, und 2g Tee mit fast kochendem Wasser ( 95Grad C.) aufgegossen.
In diesem Fall also alles recht systematisch und genau.

Für mich war Voraussetzung, dass ich ehrlich erkennen wollte, ob ich Unterschiede wahrnehmen kann. Deshalb bestand auch keine Versuchung, mir selbst kleine Hinweise durch Blattform oder andere Tips zu geben. Also ließ ich die Reihenfolge der Blätter vertauschen und sah erst die gefüllten Gaiwane wieder an, die ich mit Wasser so aufgoß, dass der Deckel jeweils den Inhalt verdeckte. Und beim Riechen am Gaiwan habe ich dann immer die Augen geschlossen.


Schon der Geruch der trockenen Blätter in den erwärmten Gaiwanen war stark und überraschend unterschiedlich, was ich so nicht erwartet hatte. Und auch später hatte ich den Eindruck, dass der Duft der feuchten Blätter im Gaiwan genauso viel erzählte, wie der Geschmack der getrunkenen Tees.
Über 6 Aufgüsse hinweg beobachtete ich die Entwicklung der Puerhs mit folgenden Ziehzeiten:

1.         30s wecken
2.         20s etwas zu lang
3.         15 optimal
4.         30s gut
5.         5s zur Probe, was dabei rauskommt
6.         45s mit extra heißen Wasser zum Abschluss

Deutlich gleich zu Beginn an für mich mit einer Gruppenbildung von A und B bzw. C und D.
Aber ich wollte keine voreiligen Schlüsse ziehen.
A und B waren etwas fruchtiger aber weniger intensiv. C und D etwas kräutriger und stärker von Anfang an.
Ab dem dritten Aufguss entwickelte sich A immer noch flach, etwas wie Apfelaroma zeigend, B steigerte seine Intensität stetig an und hatte etwas beeriges. C der vorher sehr stark war, ließ plötzlich nach und tauschte damit seinen beliebtesten Platz mit D der zulegen konnte, C mit einem eher grasigen, kräutrigen Aroma und D mit einem kräutrigen etwas mossigem, erdigen Aroma. ( im Verhältnis zu natürlich allen etwas erdige, shu-typischen Aromen)
Zum Schluss ergab sich eine von A nach D aufsteigende Intensität und Beliebtheit.


Nach dem letzten Aufguss begann ich zu spekulieren.
Ich setzte A als den Menghai 7262 Plantagentee, vieleicht auch etwas wegen dem Jahr 2006?
B setzte ich auf Gong Ting als zweiten Plantagentee, weil er so ähnlich fruchtig wie A war. Ein an sich schöner Tee ohne Zweifel, auch wenn es darum jetzt nicht ging.
C und D waren damit spekulativ Gushus ...?
Ich setzte C auf den Bu Lang Shan, weil ich Bulang immer als recht kräftig zum Start erlebt habe.
Für D blieb dann Lao Ban Zhang übrig?


Und ich war selbst sichtlich überrascht, fast gerührt, dass ich wirklich genau die Reihenfolge erkannte, wie sie für mich vorbereitet war.

Ich habe viel zu wenig Erfahrungen mit Gushus Shu Puerh, als dass ich wirklich daraus etwas ableiten könnte. Aber ich habe Hoffnung, auch im Austausch mit anderen Tee-interessierten weitere Erfahrungen sammeln zu können und werde mir als nächstes alle beteiligten Tees noch einmal einzeln vornehmen.

Aber das wird der Text für einen weiteren blog, um den Umfang heute nicht sprengen zu müssen.

Und vielen Dank auch an Nan Yi für ihre Suche nach zwei schönen Gushu Shu Puerh für meine Entdeckungsreise durch die Welt der Tees.

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